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2006/2007:
Friedrich Dürrenmatt: „Der Besuch der alten Dame“
In der heruntergekommenen Kleinstadt Güllen – die irgendwo in Mitteleuropa liegen könnte – sitzen klagend die Bürger und verstehen ihr Schicksal nicht. Ihre Erklärungen der Missstände sind ebenso falsch wie ihr Bewusstsein über die Verantwortlichen des Elends und die Möglichkeiten der Veränderbarkeit. Sie reden viel von Werten, Kultur, Gerechtigkeitsliebe und Sinn für Wohltätigkeit. Ihr Handeln allerdings ist geprägt von Profitsucht, Machenschaften und Tücke. Nur wenige Beteiligte gestehen sich das Dilemma ein:
„Die Versuchung ist zu groß und unsere Armut zu bitter. Aber ich weiß noch mehr. Auch ich werde mitmachen. Ich fühle, wie ich langsam zum Mörder werde. Mein Glaube an die Humanität ist machtlos. Und weil ich es weiß, bin ich ein Säufer geworden.“ (Der Lehrer)
Für eine Generation, die mit „Geiz-ist-Geil“-Parolen und Einflüsterungen groß wird, wonach der Besitz anerkannter Markenartikel einen zum anerkannten Menschen mache, kann diese „tragische Komödie“ von Friedrich Dürrenmatt – trotz der 50 Jahre, die sie inzwischen auf dem Buckel hat – eine wunderbare Provokation und Denkhilfe sein: Eine Parabel von der Unmöglichkeit, sich der Verführung durch das Geld zu widersetzen.